gestresste pflegefachfrau

Studie belegt grossen Druck auf das Pflegepersonal

In den Akutspitälern nimmt der Anteil der Pflegestellen im Vergleich zum ärztlichen und zum übrigen Personal ab. Das zeigt eine Analyse der Daten von 2010 bis 2021 der Krankenhausstatistik des Bundesamts für Statistik, die der Berufsverband der Pflegefachpersonen SBK in Auftrag gegeben hat. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, da die Zahl der diplomierten Pflegefachpersonen für die Qualität der Versorgung zentral ist.

Die Analyse untersuchte die Entwicklung der Vollzeitäquivalente (VZÄ) der verschiedenen Berufsgruppen in Spitälern der Akutsomatik zwischen 2010 und 2021. Sie zeigt, dass das Pflegepersonal gegenüber dem ärztlichen und dem übrigen Personal verliert.

Während die VZÄ der Ärzteschaft um 41% gestiegen sind, entwickeln sich die VZÄ des diplomiertem Pflegefachpersonals lediglich um +13%, resp. um +19 Prozent, wenn das gesamte Pflegepersonal betrachtet wird.

Der Anteil des gesamten Pflegepersonals sank in diesem Zeitraum von 43,1 auf 40,3 Prozent. Der Anteil der diplomierten Pflegefachpersonen nahm von 22,0 auf 19,7 Prozent ab. Demgegenüber stiegen die Stellen der Ärzt:innen von 14,3 auf 15,9 Prozent, jene des übrigen Personals von 42,6 auf 43,3 Prozent an. Mit ein Grund dafür könnte die Einführung der neuen Arbeitszeitregelungen beim ärztlichen Personal sein.

Für Yvonne Ribi, die Geschäftsführerin des SBK sind diese Zahlen der Beleg dafür, dass die erlebte Arbeitsverdichtung in der Pflege eine Tatsache ist: «Wenn der Anteil an Pflegestellen im Vergleich zur Ärzteschaft und dem übrigen Personal sinkt, heisst das, dass in der Pflege immer weniger Köpfe immer mehr Arbeit schultern müssen. Dank der Analyse der Daten können wir diese Entwicklung nun schwarz auf weiss belegen.»

 

Folge des Fallpauschalensystems

Die Verschiebungen können mit der Einführung des Fallpauschalensystems in Zusammenhang gebracht werden. Da die Finanzierung der Spitäler von ärztlichen Diagnosen abhängig ist, gibt es einen Anreiz umfangreiche Diagnosen zu stellen, da dies Geld einbringt. Zusätzlich zeigt die Analyse eine Zunahme des administrativen Overheads. «Die Fallpauschalen führen zu einem höheren Bedarf an Personal für die Codierung der Diagnosen und die Abrechnung mit den Krankenkassen. Für die eigentliche Kernaufgabe eines Spitals hingegen, die direkte Versorgung der Patient:innen, gibt es im Verhältnis weniger Stellen», sagt Ribi.

 

Risiko für Patient:innen

Eine vom SBK 2020 präsentierte Analyse zeigt, dass die Personaldotation in der Pflege und vor allem der Anteil der diplomierten Pflegefachpersonen ausschlaggebend ist für die Qualität. Je tiefer ihr Anteil, umso grösser das Risiko für unerwünschte Ereignisse, sprich Komplikationen und auch Todesfälle. Der Stellendotation in der Pflege werde aufgrund des Patientenaufkommens und der steigenden Komplexität nicht ausreichend Rechnung getragen, schreibt der Autor der aktuellen Studie, Walter Bosshard. Vor diesem Hintergrund ist auch ein scheinbar widersprüchlicher Befund der Analyse erklärbar: Der Beschäftigungsgrad sank im untersuchten Zeitraum, obwohl man in Zeiten des Fachkräftemangels eine Erhöhung der Pensen erwarten würde. «Um genügend Erholungszeit vom physisch und psychisch anspruchsvollen Arbeitsalltag zu haben, arbeiten viele weniger als 100%. Das ist insofern bedenklich, weil sich der Einkommensverlust auch auf die Renten auswirkt», erklärt Ribi.

 

Keine Aussagen über die Wirkung der Pflegeinitiative

Die Analyse untersuchte die Daten von 2010 bis 2021. Folglich lassen sich keine Aussagen dazu machen, wie sich die Situation der Pflegenden seit der Annahme der Pflegeinitiative heute vor zwei Jahren verändert hat. «Hingegen können wir mit diesen Daten zeigen, dass die Forderungen der Pflegeinitiative immer noch begründet sind. Die demografische Entwicklung verschärft einerseits den Fachkräftemangel und andererseits werden im Verhältnis immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen sein. Es müssen neben einer umfassenden und möglichst raschen Umsetzung der Pflegeinitiative auch Sofortmassnahmen umgesetzt werden. Hier sind vor allem die Kantone und der Bund in der Pflicht, diese Sofortmassnahmen finanziell zu unterstützen.»

 

Freundliche Grüsse

SBK-ASI

 

Kontakt:

Yvonne Ribi, Geschäftsführerin SBK, Tel. 079 830 48 50 (deutsch)

Sophie Ley, présidente de l’ASI, tél. 079 374 49 02 (français)

 

Weiterführende Informationen/Links

  • Bosshard Impulse AG, Dr. Walter Bosshard: Mittelallokation in der Pflege in der stationären, akutsomatischen Versorgung / Die umfassende Studie stellen wir gerne auf Anfrage zur Verfügung.
  • Pflegepersonal und unerwünschte Ereignisse in Schweizer Akutspitälern: Auswertung von Daten des Bundesamtes für Statistik (Prof. Michael Simon et al.), verfügbar unter: https://sbk-asi.ch/de/pflege-und-arbeit/pflege/definition-der-pflege/

 

PDF der Medienmitteilung

Artikel "Krankenpflege"

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